Alle, die das Werk der hl. Gertrud studiert haben, erkennen darin
übereinstimmend den wesentlichen Einfluss,
den die Liturgie darauf ausübt[1].
Die Erfahrungen mit Gott, die sich darin finden, haben ihre Quelle in der Feier
der Geheimnisse des Glaubens. Gertrud lässt uns mehr in eine Mystik des Tempels
als eine der Zelle eintreten, eine Mystik, die mehr am Tag als an der Nacht
orientiert ist, eine Mystik mehr der Offenbarung in den Sakramenten als eine
der verstandesmäßige Einsicht ohne Bilder. Wenn ihre Sprache auch hie und da
die Dunkelheit dieses Lebens und die Last der Körperlichkeit zur Sprache
bringt, so stellt man in ihr doch viel häufiger eine positive Einstellung
gegenüber den Sinnen und dem Sinnenfälligen fest, in der der Körper auch zur
Sprache kommen darf. In der
Berührung von Leib zu Leib durch die
liturgischen Zeichen drückt ihr Gesandter
die Beziehung von Herz zu Herz derer aus, die einander diese Zeichen geben.
Wenn man genauer hinschaut, bemerkt man auch, dass unter allen liturgischen
Feiern unbestreitbar die Eucharistie die größte Anziehungskraft für die hl
Gertrud besitzt. Weit davon entfernt, dabei nur die Erfüllung ihre glühenden
Sehnsucht zu finden, die Hostie zu sehen, wartet sie ungeduldig auf die großen
Tage, an denen ihr der Zugang zu den „Köstlichkeiten des königlichen Tisches“
gewährt wird. Sie empfiehlt die häufige Kommunion, bereitet sich ständig auf
sie vor und entdeckt in ihr unvergleichliche Wirkungen. Mit einem sehr sicheren
kirchlichen Spürsinn begreift sie, dass ihre Sendung dann ein Maximum an
Wirksamkeit erreicht, wenn sie ganz an der Eucharistie teilnimmt, „der Quelle
und dem Höhepunkt jeder Evangelisation“[2].
Das werden wir in den folgenden Vorträgen zu zeigen versuchen.
Das 4. Laterankonzil 1215, das zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche
das allgemeine Gesetz verkündete, wenigstens einmal im Jahr zu beichten und
zumindest an Ostern[3] die hl.
Kommunion zu empfangen, reagierte damit auf das ständige Sinken der
Kommunionhäufigkeit, das Synoden und Konzilien seit dem 6. Jahrhundert
feststellten, ohne dass es ihnen gelang, diese Entwicklung einzudämmen. „Wenn
man anhand der uns überlieferten Biographien ein Urteil fällt, so trifft man im
Lauf dieser langen Zeitspanne kaum eucharistische Seelen, die aus der
Eucharistie das Zentrum ihres Lebens machen, zum Mittelpunkt ihres Strebens und
zum Urgrund ihrer Heiligkeit...Ein Zeitgenosse des hl. Bernhard fasst die
Situation so zusammen: ‚Die tägliche Kommunion
ist ein Privileg der Priester, die anderen dürfen aus seiner Hand nur zu
bestimmten Festen kommunizieren.’ (c. 1250) Was soll das heißen? Abgesehen von
den Klöstern, in denen eine gewisse Kommunionhäufigkeit beibehalten wurde,
hatten die Gläubigen praktisch die Gewohnheit aufgegeben, öfters als drei Mal
im Jahr zu kommunizieren: zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten, wie es das
Konzil von Agde (506) für jeden, der sich als Christ ansieht, vorgeschrieben
hatte.“ „So gering diese Zahl aber auch war, so überstieg sie dennoch das Maß
des guten Willens der Gläubigen. Statt der drei Kommunionen wurde tatsächlich
die einmal jährlich Kommunion festgesetzt.“ (c. 1253)
Dieser Zustand blieb nicht ohne Folgen. Schon die Kirchenväter hatten sich gegen „eine gewisse Erschlaffung des christlichen Geistes ausgesprochen, die sich vor allem aus dem massiven Andrang der Heiden zur Kirche nach der Bekehrung von Kaiser Konstantin ergab. Das moralische Niveau sank sichtbar, und die Mittelmäßigkeit schien an die Stelle des Eifers zu treten, der durch die Verfolgungen aufrecht erhalten worden war.“ (c. 1243-1244) Ab dem 6. Jahrhundert ist das Leben der Kirche selbst – innerlich und äußerlich – aufgrund wachsender politischer und wirtschaftlicher Schwierigkeiten bedroht (c. 1254). Mit Ausnahme des Frankenreiches Karl des Großen (König der Franken 768 - 814, Kaiser von 800-814) wo eine Zeitlang Friede und Ordnung herrschten, ist die abendländische christliche Welt in vielfacher Weise erschüttert: einerseits durch das Eindringen barbarischer Stämme (Arianer) in Nordafrika und Spanien, anderseits durch die Forderungen der byzantinischen Kaiser, die oft „auf tragische Weise die Bischofswahlen überschatten und den religiösen Frieden stören“ (c. 1255). Dazu kommt „das alte germanische Heidentum, das zu Grausamkeit und Ausschweifung neigt,...die Einfälle der Normannen und der Ungarn,... die Zersplitterung in Stämme mit ihren Rivalitäten, Hass und Kämpfen,... die Simonie und die Genusssucht, die den Klerus selbst verderben“ (c. 1255).
Bei diesen „primitiven und groben Völkern“ konnte die Kirche nicht zur
häufigen Kommunion einladen, ohne den geziemenden Respekt zu verlangen. Das tat
sie, nicht ohne sich „beunruhigt zu fragen, wie man der zweifachen Gefahr
entgehen könnte, die Gläubigen vom Leben abzuschneiden, indem man sie von der
Eucharistie fernhielt, oder anderseits sie zu verleiten, „sich das Gericht zu
essen und zu trinken, indem man sie zu leicht zum heiligen Mahl zuließ“ (c.
1255). Das Unglück bestand darin, dass man so strenge Forderungen aufstellte,
dass sie keine andere Wirkung haben konnten, als das christliche Volk in seinem
Ganzen von der sakramentalen Kommunion fernzuhalten. Zusätzlich zu den strengen
Nüchternheitsvorschriften verlangte man innere Haltungen wie „die Reinheit des
Herzens, die Übung der christlichen Tugenden, Almosengeben und Gebet“.
Schließlich forderte Durand de Troarn (+ 1089) dazu noch ausdrücklich die
Freiheit von freiwilligen lässlichen Sünden.
Zur selben Zeit ist Raoul Ardent
(+ 1101) „noch anspruchsvoller: Um würdig die Eucharistie zu empfangen, muss
die Seele von jeder lässlichen Sünde frei sein, sich der ehelichen Pflicht
enthalten, ebenso jeglicher Geschäfte, sie darf keine Schulden einfordern und
muss sich so weit als möglich mit den vollkommensten und höchsten Dingen
beschäftigen“ (c. 1257).
Ein letzter Grund, der nicht zu unterschätzen ist, kommt von einer immer stärkeren
Zuwendung zu einer „neuen Spiritualität“, die Joseph Duhr so kennzeichnet:
„Man legte den Akzent zu sehr auf den
Gedanken des Essens und betonte zu ausschließlich die Realpräsenz. Dadurch
gelangte das Mittelalter mehr und mehr zu einer liturgiefeindlichen Auffassung,
die die Eucharistiefeier von der Kommunion trennte. Diese Mentalität, die
Priester und manche Glieder der Hierarchie hatten, erklärt wohl noch besser,
warum man im Mittelalter so selten kommunizierte.“ (c. 1259)
Ausgehend von diesem geschichtlichen Rückblick, den wir soeben unternommen
haben, machen wir uns bewusst, dass die heilige Gertrud mit der tiefen eucharistischen Frömmigkeit in
Verbindung stand, die zu Beginn des 13. Jahrhunderts aufbrach. Nun wollen wir
versuchen, die Haltung des Gesandten
bezüglich der häufigen Kommunion darzulegen.
Zuerst ist es nötig, darauf hinzuweisen, dass das Kloster Helfta zur Zeit der hl. Gertrud (1256 – 1301/02) noch
keine besondere Verehrung der eucharistischen Gegenwart Jesu pflegte (c. 1259).
Fronleichnam wurde nicht gefeiert, und man findet im Gesandten keinen Hinweis darauf, dass das heiligste Sakrament
längere Zeit ausgesetzt wurde. Die eucharistische Botschaft des Werkes[4] zeigt dagegen deutlich, dass die Verehrung der wahren Gegenwart Jesu
von der Feier der hl. Messe nicht getrennt wurde. Sie bestätigt vor allem, dass
die Eucharistiefeier für Gertrud ihren vollen Sinn in der sakramentalen Kommunion
findet. Die Kirche als Braut, die Gertrud darstellt, wie sie sich bewusst ist
(vgl. das in persona ecclesiae Buch 4,16) wird sicher durch das Wort ihres
Bräutigams genährt und durch das Anschauen der Hostie und des Kelches erfreut.
Ihr Hunger und ihr Durst werden aber nur in der Kommunion des „belebenden
Sakramentes des Leibes und Blutes“ Jesu Christi gestillt:
„Du Glück meiner Seele“, (ruft Gertrud
aus, als sie sich wegen einer Krankheit nur schwer sammeln kann) „ich weiß, dass ich unwürdig bin, deinen
heiligsten Leib und dein Blut zu empfangen. Ich würde diesmal die heilige
Kommunion unterlassen, wenn ich außer in dir in irgendeiner anderen Kreatur
etwas Freude, Halt oder Erleichterung finden könnte. Denn vom fernsten Osten
bis in den weitesten Westen, vom tiefen Süden bis in den hohen Norden kann ich
nichts finden und erkennen, woran ich
Freude oder Trost und Erquickung des Leibes und der Seele haben könnte
außer in dir. Glühend und lechzend eile ich, dürstend vor Sehnsucht nach dir,
bis ich zu dir komme, dem lebendigen Quell!“ (Buch 3,50)
Ein so lebendiges Verlangen nach der Vereinigung mit dem Vielgeliebten
wirkt sich zweifelsohne auch auf die Art und Weise aus, wie Gertrud die
Vorbereitung auf die heilige Kommunion sieht. Wir werden später darüber
sprechen. Jetzt wollen wir die Häufigkeit der eucharistischen Kommunion bei
Gertrud, ihre Motive für die häufige Kommunion und die Gründe kennen lernen,
die sie als statthaft anerkennt, um der Kommunion fern zu bleiben.
Wenn Joseph Duhr schreibt, dass die „heilige Mechthild[5] und die heilige Gertrud ohne Zögern für
die häufige Kommunion eintraten“ (c. 1262),
so gibt er zwei Rhythmen für ihren Kommunionempfang an: den
Sonntagsrhythmus und den Festrhythmus. Genau das ergibt sich aus der Lektüre
des Gesandten. Die Durchsicht der
Texte und der Vergleich der Kapitel lassen uns zur Annahme kommen, dass
Gertrud ungefähr an allen Sonntagen und
allen Festtagen kommuniziert. Für damals ist das eine außergewöhnlich hohe
Zahl, wenn man bedenkt, dass die Regeln der hl. Klara, die Papst Innozenz IV.
1253 bestätigt hat, nur einen siebenmaligen Kommunionempfang im Jahr vorsieht
(Weihnachten, Gründonnerstag, Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten,
Allerheiligen und das Fest des hl. Franziskus). Die Franziskanerterziaren,
deren Regel Nikolaus IV. 1289 bestätigte, kannte nur einen 3-4maligen
Kommunionempfang im Jahr, die Laienbrüder der Kamaldulenser einen viermaligen
Kommunionempfang im Jahr und ihre Kleriker einen monatlichen Kommunionempfang.
Der hl. Ludwig (+1270) ging nur sechsmal im Jahr zum eucharistischen Tisch und
die hl. Elisabeth von Portugal (+ 1330) dreimal im Jahr.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Kommunionhäufigkeit in Helfta aus
der Verbindung mit gewissen Kreisen des Zisterzienserordens herrührte. Man weiß
beispielsweise, dass auch die heilige Lutgard von Aywières in Brabant (+
1246) an allen Sonn- und Festtagen
kommunizierte, dass die selige Ida von Löwen[6] (+ 1300) von Rom die Erlaubnis bekam,
täglich die Kommunion zu empfangen und dass die Reklusin Alpais de Cudo
(+1211), die unter der geistlichen Leitung der Zisterzienserstand, alle
Sonntage kommunizierte (c.1262). Auch die Ecclesiastica
Officia der Zisterzienser im 12. Jahrhundert, die um 1185 zusammengestellt
wurden, sehen für die Brüder, wie es im
Kapitel über den Friedenskuss ersichtlich ist, bei der eucharistischen
Kommunion eine ähnliche Kommunionhäufigkeit vor wie in Helfta.
Wenn auch die Verbindung mit zisterziensischen Kreisen eine Hypothese
bleibt, so ist die Verbindung mit Dominikanern und Franziskanern sicher. Man
weiß davon durch die „Bestätigung“ des Gesandten durch deren Lehrer, die am
Kopf des Werkes steht. Deshalb wäre es nützlich, wenn man die Aussagen Gertruds
über die Kommunionhäufigkeit mit denen von Bonaventura und Thomas von Aquin
vergleicht. Diese Überlegung, die sich sehr genau mit der Art und Weise der
Vorbereitung auf die Kommunion befasst, werden wir in einem nächsten Vortrag
vornehmen.
Vier Kapitel des Gesandten erlauben uns, die Gründe abzulesen, die die hl.
Gertrud zugunsten der häufigen Kommunion anführt. Wir werden sie im Lauf einer
fortlaufenden Lesung untersuchen:
a) Buch 3,18:
Gertrud fragt, ob der Mensch, der in die Sünde zurückfällt, die strahlende Helligkeit des Lichtes
verliert, wie jemand, der aus dem Sonnenlicht ins Dunkel tritt. Der Herr
antwortet ihr:
„Nein, denn wenn er auch durch seine Sünde
das Licht der Versöhnung mit Gott etwas trübt, so bewahrt ihm doch meine Güte (mea pietas) immer einen Rest des Glückes für das ewige Leben auf, der sich jedes Mal fortschreitend (toties – quoties) vermehrt, wenn er mit Hingabe an den heiligen
Mysterien teilnimmt.“
Hier handelt es sich nicht um eine formelle Erklärung über den Nutzen der häufigen Kommunion,
sondern um den Nutzen der Teilnahme an den heiligen Mysterien an sich. Wir haben auf diesen Text aus zwei Gründen
aufmerksam gemacht, auf die wir in den folgenden Kapiteln zurückkommen wollen:
und zwar 1) aus einem stilistischen Grund: die Ausgewogenheit in der
Formulierung toties...quotiens und 2)
aus einem inhaltlichen Grund: Die Verbindung, die zwischen der Häufigkeit und
dem ewigen Leben hergestellt wird.
b) Buch 3,36:
Dieses Kapitel ist so wichtig, dass es ganz zitiert werden soll:
„Als sie einmal die heilige Kommunion
empfangen wollte, fragte sie: ‚Herr, was willst du mir geben?’ Der Herr
antwortete: ‚Mich selber mit all meiner göttlichen Kraft, so wie mich meine
jungfräuliche Mutter empfangen hat’. Da fragte sie weiter: ‚Du gibst dich immer
ganz, was werde ich also mehr haben als jene, die dich gestern mit mir zusammen
empfangen, heute jedoch die Kommunion unterlassen haben?’ Darauf erwiderte der
Herr: ‚Bei den alten Römern war es Sitte, dass demjenigen, der zweimal Konsul
gewesen war, größere Ehre zuteil wurde als dem, der nur einmal dieses Amt
innehatte. In wie viel größerer Herrlichkeit wird im ewigen Leben der
erstrahlen, der mich in irdischen öfter empfangen hat!’ Sie stöhnte und sprach:
‚In welchem Glanz werden mich dann die Priester übertreffen, die kraft ihres
Amtes jeden Tag die Kommunion empfangen?’ Der Herr antwortete: ‚Die würdig
hinzutreten, erstrahlen in großem Glanz; ich beurteile aber ganz anders, ob
jemand aus Liebe zu mir hinzutritt oder weil er Glanz und Ehre erstrebt. Darum
gibt es eine andere Belohnung für die, die aus Sehnsucht und Liebe hinzutreten,
eine andere für die, die mit Furcht und Verehrung zur Kommunion gehen, und
wieder eine andere Belohnung für die, die sich mit geistigen Übungen eifrig zum
Empfang vorbereiten. Keine der Belohnungen aber wird der erhalten, der rein
kraft seines Amtes oder aus Gewohnheit zelebriert und die Kommunion empfängt’.“
Von diesem sehr dichten Kapitel wollen wir hier nur das festhalten, was
unser Thema direkt angeht. Ganz offenkundig wird die Häufigkeit (saepius) mit dem ewigen Leben (aeterna vita) in Beziehung gesetzt. Anders ausgedrückt: Die häufige Kommunion wird im ewigen Leben
zu einer Vermehrung der Herrlichkeit bei denen führen, „die mich auf Erden oft
empfangen haben.“ Wenn dieser Grundsatz einmal aufgestellt wurde, so bringt der
Schluss der Antwort des Herrn alle notwendigen Nuancen, um zu vermeiden, dass
beim Kommunionempfang starr und
kleinlich gerechnet wird.
c) Buch 3,53:
Der Dialog, der hier zwischen Christus und Gertrud stattfindet, ist von
derselben Art wie in Buch 3,36 mit der Ausnahme, dass der Ausgangpunkt der
Frage Gertruds nicht auf den Wert des häufigen Kommunionempfanges abzielt,
sondern auf den Wert, wenn Jesus ihr immer neu sein Herz schenkt:
„So oft und auf so viele Weisen hast du
mir, Geliebter, bereits dein göttliches Herz geschenkt! Ich möchte wissen,
welche Frucht ich heute empfange, wenn du mir dieses Geschenk erneut mit so
großer Freigebigkeit machst!“
Auf den ersten Blick ist die Antwort des Herrn eigenartig, denn er scheint
von der gestellten Frage abzuweichen, indem er von der Ordnung des Herzens zu
dem der sakramentalen Kommunion übergeht.
„Sagt nicht die katholische Lehre, dass
ich mich selbst dem Menschen ganz mitteile zu seinem Heil zusammen mit allen
Gütern und Schätzen meiner Gottheit und meiner Menschheit, wenn er einmal (semel) kommuniziert? Und je öfter ein
Mensch kommuniziert (quanto saepius),
desto größer wird das Übermaß seiner Seligkeit.“
Hier ist die selbe Ausgewogenheit im Wortlaut festzustellen wie in Buch
3,18: quanto saepius...tanto magis
cumulus. Die Ermutigung besteht ganz in dem „cumulus beatitudinis“ – „dem Übermaß der Seligkeit“. Wie aber soll man wissen, ob sich diese
Vermehrung der Seligkeit wie die Zunahme der Herrlichkeit im vorigen Abschnitt
auf eine eschatologische Zukunft, also auf das ewige Leben, bezieht, oder ob
sie schon in der Gegenwart als „realized
eschatology“ gegeben wird? Wenn wir dieses Anliegen von Buch 3,18
hereinnehmen, sind wir geneigt, die zukünftige Folge des „Öfters – saepius“ mehr auf das Übermaß - den cumulus – als auf die Seligkeit – die beatitudo - zu beziehen. Diese aber kommt aus dem Heil, das im Glauben bei
jeder Kommunion empfangen wird, zugleich mit dem doppelten Schatz der Gottheit
und Menschheit Christi.
Es fehlt noch die Erklärung dafür, warum der Herr in seiner Antwort von der
Frage abweicht. Man muss dies als eine Analogie der Beziehungen verstehen:
Ebenso wie jeder, der häufig kommuniziert, daraus einen Zuwachs an Seligkeit
erfährt, ebenso wird das immer neue Geschenk seines Herzens, das Jesus macht,
bei Gertrud zu einem cumulus beatitudinis
– zu einem Übermaß an Seligkeit führen.
d) Buch 5,28:
Gertrud drückt dem Herrn gegenüber ihr Drängen aus, aus dem finsteren
Gefängnis der Verbannung zur seligen Ruhe geführt zu werden.“ Um die auferlegte
Verzögerung zu rechtfertigen antwortet ihr der Herr:
„Ich schenke mich dir so oft im Sakrament
des Altares. Das kann nach diesem Leben nicht mehr geschehen. Ich freue mich daran unendlich viel mehr als
alle, die je durch menschliche Umarmungen und Küsse erfreut worden sind und
Liebe erfahren haben. Denn das Glück menschlicher Umarmungen und Küsse vergeht
zugleich mit der Zeit, das Glück der wahren Vereinigung aber, die durch meine
Selbsthingabe an dich im Sakrament geschenkt wird, nimmt niemals ab, noch
verblüht es: im Gegenteil: je öfter die
Vereinigung erneuert wird, desto mehr wird sie erstarken und wachsen (quanto saepius renovatur, tanto efficacius
viget)“.
Auch hier stößt man auf eine ausgewogene Erklärung: quanto saepius renovatur, tanto
efficacius viget. Doch im Gegensatz zu den vorhergehenden Aussagen, die von
der Frucht der Kommunionhäufigkeit im zukünftigen Leben sprechen, spricht diese
hier von einer beglückenden Vereinigung (suavitas
unionis) zwischen Christus und Gertrud in diesem Leben.
Zusammenfassend kann man sagen:
Die Untersuchung dieser vier Kapitel des Gesandten erlaubt uns, zwei Motive für die häufige sakramentale
Kommunion zu finden: Das erste beinhaltet ihre „heilsame und eschatologische
Wirkung“, um einen Ausdruck von Pater Gy[7] zu verwenden, wobei wir das „semel“ – das „Einmal“ jeder
sakramentalen Kommunion auf das „saepius“
– „das Öfters“ ihrer Häufigkeit ausdehnen. Das zweite Motiv ergibt sich aus dem Wachstum der
Herrlichkeit (gloria) im ewigen Leben
(Punkt b)), der beglückenden Vereinigung (suavitas
unionis) im gegenwärtigen Leben (Punkt d)), und der Seligkeit (beatitudo) in der bereits Wirklichkeit gewordenen Eschatologie des
gegenwärtigen Lebens (Punkt a) und c))
Der Eifer, den
die heilige Gertrud an den Tag legt, um sich selbst und andere zum
Kommunionempfang zu ermutigen, macht uns neugierig, die Gründe kennenzulernen,
die nach ihrer Meinung ein Fernbleiben rechtfertigen. Fünf Kapitel des Gesandten erlauben uns, uns davon eine
Vorstellung zu machen. Wir wollen sie der Reihe nach durchgehen.
a)
Buch 2,18
„An einem bestimmten Festtag“ glaubt
Gertrud, die hl. Kommunion nicht empfangen zu sollen, „da ich mich
gesundheitlich nicht gut fühlte, oder besser, so fürchte ich, durch meine
Unwürdigkeit von Gott entfernt war.“ Merken wir uns die beiden Motive und
ebenso das Zögern Gertruds, nur auf ihre Unwürdigkeit hinzuweisen. Wir werden
im Folgenden besser verstehen, warum sie das tut.
b) Buch 3,10
„Am Fest des hl. Matthias hielt sich Gertrud aus verschiedenen Gründen für
verhindert und beschloss, nicht zur Kommunion zu gehen....“ Hier haben die Informationen
praktisch keine Bedeutung. Die folgenden Sätze sind deshalb von Interesse, weil
sie Gertrud dazu bringen, ihre Meinung zu ändern. Sie wird die großen Gnaden,
nach denen sie sich sehnt, (nämlich
„...meine innige Freundschaft und durch
die Glut meiner Gottheit umgeschmolzen in mich überzufließen, so wie Gold und
Silber zur Einheit verschmolzen werden: Dann hättest du das kostbare Electrum,
und dieses könntest du Gott dem Vater zum ewigen Lobe würdig darbringen, und
auch alle Heiligen würden dadurch zusätzlich einen vollendeten Lohn empfangen.“
(Buch 3,10)) nur durch das
heilbringende Sakrament seines Leibes und Blutes empfangen. Sie ist
einverstanden und lässt sich vom „göttlichen Menschenfreund“ einen Platz
„mitten unter denen anweisen, die sich an den Köstlichkeiten des königlichen
Tisches sättigen.“
Auch das Ende dieses Abschnittes ist nicht uninteressant. Er erklärt uns
nämlich teilweise, warum Gertrud im vorhin genannten Kapitel wegen ihrer
Unwürdigkeit zögert:
„Und da am gleichen Tag eine Mitschwester ohne jegliche Vernunftgründe der heiligen Kommunion fernblieb, fragte sie den Herrn: ‚Mein barmherzigster Herr, warum hast du zugelassen, dass diese so versucht wird?’ Und der Herr antwortete: ‚Was soll ich mich beklagen? Sie hat die Hülle ihrer Unwürdigkeit so weit über die Augen gezogen, dass sie von meiner väterlichen Liebe (pietatem paterni affectus) überhaupt nichts wahrnehmen konnte.“
c)
Buch 3,38
Hier ist bemerkenswert, dass die Verfasserin
vor der Darstellung des Gespräches auf die „Frömmigkeit“ (pietas) Gertruds hinweist, die „sie dazu veranlasste, sich nach dem
häufigen Empfang des Leibes Christi zu sehnen.“ Dieses Mal „hatte sie sich mit
vermehrter Hingabe (devotius) mehrere
Tage lang auf die Kommunion vorbereitet...“, doch „sie fühlte in der Nacht auf
Sonntag eine derartige körperliche Schwäche, dass es ihr unmöglich schien zu
kommunizieren.“ Da wandte sie sich entsprechend ihrer Gewohnheit (more sibi solito) an den Herrn, um ihn
zu fragen, was sie tun sollte, um ihm mehr zu gefallen ( quid sibi magis complaceret faciendum). Im Gegensatz zum
vorhergehenden Kapitel bittet sie der
Herr, auf die Kommunion zu verzichten, und er führt zwei Gründe an: einen
allgemeinen Grund (propter discretionem –
aus Klugheit) und einen persönlichen Grund: er fühle sich „vollkommen
gesättigt“ durch die Mühe, die Gertrud bei ihrer Vorbereitung an den Tag gelegt
hatte. „Nachdem der Gemahl sich an verschiedenen Speisen gesättigt hat, freut
es ihn mehr., sich mit seiner Gattin in die Abgeschiedenheit zurückzuziehen,
als mit ihr an Tisch sitzen zu bleiben.“
Gertrud passt sich dem Wunsch des Gemahls an
und bereitet sich auf die geistliche Kommunion vor (ad spiritualem communionem). Sie setzt sich der „dreifachen Wirkung
aus, die der Blick Gottes wie ein Sonnenstrahl in der Seele hervorbringt“ Während sie dann an den zwei Messen
teilnimmt, bei denen die Gemeinschaft kommuniziert, ... scheint ihr der Herr
Jesus bei jeder Hostie, die verteilt wurde,
einen Segen von besonderer Kraft mitzuteilen. Überrascht sagt sie zu
ihm: „Herr, wer hat größeren Nutzen gehabt, die Schwestern, die dich im
Sakrament (sacramentaliter) empfangen
haben, oder ich, die du ganz gratis mit so viel göttlichem Segen überhäuft
hast?“ Wie oft im Gesandten benützt
der Herr bei seiner Antwort ein
Bild: „Wen sollte man für reicher
halten, den, der sich mit Edelsteinen und Schmückstücken geschmückt hat, oder
den, der einen Schatz aus feinem Gold im Verborgenen besitzt?“ Gertrud versteht
das so:
„Der Mensch, der das Sakrament
wirklich (sacramentaliter)
empfängt, wird zweifelsohne an Leib und
Seele der Heilswirkung teilhaftig gemäß dem Glauben der Kirche. Der Mensch
aber, der einzig zum Lobe Gottes (pure ad
laudem Dei) und aus Gehorsam und Demut (ex
virtute obedientiae et discretionis) es unterlässt, den lebensspendenden Leib Christi zu
empfangen, ihn jedoch - von Gottesliebe
und Sehnsucht entbrannt - im Geist
empfängt (desiderio ac amore Dei
inflammatus spiritualiter communicans), erlangt bei Gott noch reichere
Frucht; dies jedoch bleibt dem Menschen verborgen.“
Hier ist die Aufzählung der Gründe für das
Fernbleiben sehr klar. Es gibt drei: der Gehorsam (ex virtute obedientiae), die Klugheit (discretionis), die schon zu Beginn des Gespräches angeführt worden
waren, und dazu noch „der einzige
Wunsch, Gott zu loben“ (pure ad laudem
Dei). Doch so stichhaltig diese
Gründe auch sind, kann sich doch keiner
auf „den Schatz aus feinem Gold im verborgenen Versteck“ berufen, dem die
Flamme der Sehnsucht und Gottesliebe fehlt (desiderio
ac amore Dei inflammatus).
d) Buch 3,77
Statt das Kapitel zu erläutern, möchte ich
ausführliche Abschnitte anführen:
„Eine Person, die sich sehr für die
Gerechtigkeit ereiferte, empörte sich
bisweilen über andere, die sie teilweise für ungenügend vorbereitet und religiös
hielt und die sie dennoch oft zur Kommunion gehen sah. Und da sie ihnen
manchmal öffentlich davon abriet, hatten ihre Worte manche bei der Kommunion
furchtsamer gemacht.
Als Gertrud für sie betete, fragte
sie den Herrn, was er selbst über diese Haltung denke. Der Herr antwortete ihr:
‚Meine Freude ist es, bei den Menschenkindern zu sein, und ich habe ihnen
dieses Sakrament aus großer Liebe hinterlassen, dass sie es mit Ehrfurcht immer
wieder zu meinem Gedächtnis feiern. Durch es habe ich mich auch verpflichtet,
bei den Gläubigen bis zum Ende der Welt zu bleiben. Wer deshalb durch seine
Worte und Anregungen jemanden, der nicht im Stand der Todsünde ist, vom
Sakrament fernhält, beraubt mich in gewisser Weise meiner eigenen Freude, die
ich hätte empfinden können, oder schiebt sie auf. Er gleicht einem strengen
Lehrer, der einen Königssohn unnachgiebig isoliert und der Gemeinschaft und des
Spiels mit Kameraden beraubt, die weniger edel und weniger reich sind, in deren
Gesellschaft es aber dem Königskind sehr gut gefallen hätte. Als Vorwand gibt
er vor, es wäre angemessener, dass das Königskind königliche Ehren empfängt,
als dass es auf einen öffentlichen Platz geht, um sich beim Speerwerfen oder
anderen Zerstreuungen zu vergnügen.“
Weit ist man hier entfernt von den Forderungen
von Durand de Troarn, von Raoul Ardent und anderen, die von einem unklugen
„Eifer für die Gerechtigkeit“ (exigente
zelo justitiae) (Buch 3,77) beseelt sind. Nur an einem Grund für das
Fernbleiben wird festgehalten: Der Zustand der Todsünde.
e) Buch 4,13:
In mancher Hinsicht ist diese Stelle dem
Kapitel 3,38 ähnlich. Die Umstände sind praktisch die selben: Gertrud hatte
sich bemüht, sich auf bestmögliche Weise auf die sakramentale Kommunion
vorzubereiten, doch ist sie äußerst schwach. Man stößt hier wieder auf die drei
Motive, die das Fernbleiben rechtfertigten: 1) der Gehorsam (hier der
geistlichen Mutter gegenüber = ad
complacitum matris spiritualis, zweimal im Buch 4,13, einmal mit der
Formulierung: humilitatis aut obedientiae); 2) die Klugheit (propter bonum discretionis dreimal im
Buch 4,13, einmal mit der Formulierung:
causa discretionis); 3) die reine Sehnsucht, Gott zu verherrlichen (laudem aeternam und pure propter me) im Buch 4,13.
Nach der Aufzählung dieser Gründe sagt uns die Darstellung, dass der Herr
Gertrud „während der Messe bei der Kommunion des Konventes überaus zärtlich an
der Liebeswunde seiner Seite ruhen ließ.“ Sie berauschte sich „am Sturzbach der
göttlichen Freuden“ und verkostete solche Seligkeit, dass sie den Herrn bat:
„Herr, wenn du dem, der sich der Kommunion enthält, solche Güter schenkst, wäre
es dann nicht besser, auf sie zu verzichten als sie zu empfangen?“ Das
„Keineswegs“ – „nequamquam“ der
Antwort ließ nicht auf sich warten:
„Der Herr antwortete: ‚Keineswegs.
Wer aus Liebe zu meinem Lob die göttlichen Sakramente empfängt, der besitzt
wahrhaftig die heilswirkende Speise meines verklärten Leibes mit dem heilenden
Nektar meiner liebevollen Gottheit und darüber hinaus den unvergleichlichen
Glanz des Schmuckes aller göttlichen Tugenden.“
Erlaubt die Durchsicht dieser fünf Kapitel,
daraus eine Richtlinie abzulesen, warum Gertrud sich der Kommunion enthalten
hat? Am sichersten ist der Fall der Todsünde, in dem Gertrud die allgemeine
Lehrmeinung vertritt: kein Zutritt zur sakramentalen Kommunion (Buch 3,77; Buch
3,18). Im Übrigen scheint sich Gertrud von den Sichtweisen ihrer Zeit
distanzieren zu wollen, indem sie es vermeidet, übermäßig auf das Motiv der
Unwürdigkeit hinzuweisen und indem sie das Motiv der Klugheit durch die beiden
angefügten Worte (den Gehorsam und die reine Absicht, Gott zu verherrlichen)
mit einem besonderen Akzent versieht. Unsere Untersuchung erlaubt uns nur,
einen Eindruck mitzuteilen, der überprüft werden müsste: Die Theologen und die
geistlichen Lehrer des 13. Jahrhunderts scheinen wesentlich mehr als sie selbst
auf der Notwendigkeit zu bestehen, sich sorgfältig zu prüfen (1 Kor 11,27-29).
Das ist ohne Zweifel eine Form der Klugheit, die aber sicher mehr durch den
Blick auf sich selbst gekennzeichnet ist als durch den Blick auf einen anderen, dem man gehorcht aus
Sehnsucht, Gott zu verherrlichen. Es ist wahr, dass Gertrud in der alten
monastischen Tradition steht, in der die Übung der Klugheit (discretio) im Sinn, dass man die
Regungen des Herzens mit einem erfahrenen Meister durchging, um zu
unterscheiden, was Gott gefällt[8], immer in Ehren stand. Wir werden
die andere Akzentsetzung bei der Vorbereitung auf die sakramentale Kommunion
wieder antreffen. Vielleicht waren die Heilige und die Kreise, die von der
eucharistischen Frömmigkeit erfasst waren, darin originell.
Halten wir noch fest, dass keines der fünf
Kapitel, die wir vorgestellt haben, das „Bad der Beichte“ (Buch 3,14) erwähnt.
Es ist ein ausreichender Beweis dafür, dass
Gertrud bei der Beurteilung der Gründe für das Fernbleiben weit über die
Fragestellung hinausgeht, ob man vor der Messe[9] beichten konnte oder nicht. Wenn
auch die geistliche Kommunion große Freuden bringen kann, so ist doch das
„Keineswegs“ – „Nequaquam“ von Buch
4,13 ein unwiderleglicher Riegel gegen jedes „unkluge“ Fernbleiben von der
„sakramentalen“ (Buch 3,38) oder „leiblichen“ (Buch 4,13) Kommunion.[10]
[1] Dieser Vortrag folgt dem Artikel von Joseph DUHR, „Communion fréquente“, in: Dict. de Spiritualité II, 1234- 1290.
[2] Zur Einleitung zu diesem Vortrag vgl. auch O. QUENARDEL, La Communion Eucharistique dans le Héraut de
l’Amour Divin de sainte Gertrude d’Helfta, 3. Teil, Brepols 1997, 89-94.
[3] “Jeder Gläubige beiderlei Geschlechtes, der
zum Alter der Unterscheidung gelangt ist, muss seine Sünden wenigstens einmal
im Jahr seinem Pfarrer beichten, gewissenhaft gemäß seinen Möglichkeiten die
auferlegte Buße verrichten und wenigstens zu Ostern ehrfurchtsvoll die
Eucharistie empfangen“ Dekret Omnis
utriusque des 4. Laterankonzils.
[4] Vgl. O. QUENARDEL, a.a.O. 171- 203.
[5] Die hl. Mechthild von Hackeborn (1241 – 1299) war die Schwester der Äbtissin Gertrud von Hackeborn. Sie war Kantorin des Klosters von Helfta und mit der Ausbildung der Jugendlichen betraut. Ihr wurde auch die Erziehung von Gertrud anvertraut. Eine tiefe Freundschaft verband beide miteinander. Gertrud nahm die „Offenbarungen“ entgegen, die auch Mechthild geschenkt wurden, und sammelte sie zusammen mit einigen Vertrauten im „Buch der besonderen Gnade“ (liber specialis gratiae).
[6] Ida von Löwen gehört wie die beiden
anderen Zisterzienserinnen mit gleichem Namen : Ida von Nivelles und Ida
de Leeuw zur eucharistischen Bewegung des 13. Jahrhunderts. Vgl. E.
MIKKERS, „Ida“ im: Dict. de Spiritualité VIII, 1239 – 1242..
[7] Pierre-Marie GY, La liturgie dans l’histoire, Paris 1990. Der Autor zeigt vor allem, dass die
Postcommuniones der römischen Liturgie vor allem die „ heilbringende und
eschatologische Frucht“ der Eucharistie zum Inhalt haben, mehr als ihre
„kirchliche Frucht“ im Sinn des heiligen Augustinus.
[8] Die Verfasserin des ersten Buches schreibt Folgendes über die discretio von Gertrud: „Sie hatte, andere weit überragend, reiche Kenntnisse der Heiligen Schrift, sowohl das Schriftverständnis als auch die Schriftstellen betreffend. Oft gab sie in einer einzigen Stunde vielen, die bei ihr Rat suchten, in den verschiedensten Angelegenheiten so kluge Antworten, dass die Zuhörer sich sehr wunderten. Wenn sie jedoch selbst etwas zu tun hatte, suchte sie in demütiger discretio das Urteil anderer, auch wenn diese weit unter ihr standen. Und sie war in allem so zur Zustimmung bereit, dass ihr sehr selten das gefiel, was sie selbst bestimmt hatte. Viel lieber folgte sie dem Entscheid der anderen.“ (Buch 1,11)
[9] In dieser Interpretation bestärkt uns noch Buch 4,7: „Am folgenden Tag betete sie für jene, die trotz der Abwesenheit des Beichtvaters auf ihren Rat hin die Kommunion empfangen hatten...“Auch das ist ein weiterer Hinweis auf den Platz, den die discretio als Raterteilung im monastischen Milieu von Helfta einnahm.
[10] Im Fall des Gesandten muss anscheinend die discretio vor allem beim Abwägen der Gründe für das Fernbleiben in Erscheinung treten. Man ist versucht zu sagen, dass die sakramentale Kommunion (sacramentaliter) an den vorgesehenen Tagen (Sonntagen und Festen) niemals „unklug“ ist. Vielleicht aber ist es das Fernbleiben. Daher kommt die Notwendigkeit, die causa discretionis in ihrer Beziehung zum Gehorsam zu üben. Man muss dann prüfen, ob das Fernbleiben und die bloß geistliche Kommunion der Sehnsucht, Gott zu verherrlichen, mehr entsprechen oder nicht.