Teil VII

Mönch-Sein: Berufung zur communio in der pluralistischen Welt von heute.

            Der erste Teil dieser Reihe fragte grundsätzlich nach den Beziehungen zwischen dem Mönchtum und der Kultur, in der es gelebt wird; der zweite Teil behandelte die Anfänge des Mönchtums im Orient und seine »kulturstiftenden« Lebensformen. Im dritten Teil zeigte der Gang durch die Geschichte des abendländischen Mönchtums vor Cîteaux die vielfachen Beziehungen zur kulturellen Entwicklung Europas auf. Der vierte Teil versuchte, die wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen der Zisterzienser mit der Gesellschaft ihrer Zeit zu charakterisieren. Im fünften Teil wurden die geistesgeschichtlichen Umwälzungen der Neuzeit (die Reformation, die Aufklärung, die Französische Revolution und deren Folgen) für das Mönchtum in den Blick genommen. Der sechste Teil fragte nach der Rolle der »monastischen Subkultur« in der Formung des Mönchs. In diesem abschließenden Beitrag skizziert der Verfasser die Berufung des Mönchs für heute und morgen.

Ein Leben der »communio«

            Das Mönchsleben ist ein Leben der communio, der Gemeinschaft. Diese meine Überzeugung mag jene erstaunen, die den Begriff monachos, »Mönch« nur von monos = einzig, allein herleiten. Wir haben bereits früher davon gesprochen, dass diese Begriffsbestimmung nicht ausreicht. In der fünften Folge [1] versuchte ich zu zeigen, dass neben der äußeren Absonderung von der »Welt« die innere Einheit der Person, die Integration aller ihrer vielfältigen Anlagen und Charakterzüge, ein wichtiges Merkmal des reifen Mönches ist. Hier nun möchte ich den alten Väterspruch in Erinnerung rufen: »Mönch ist, wer getrennt von allen mit allen vereint lebt.«

Das mönchische Leben ist ein Leben der communio, der Gemeinschaft oder Vereinigung: der communio mit Gott, der communio mit Schwestern oder Brüdern im Schoß einer Gemeinschaft, der communio mit der Kirche und der communio mit der Gesellschaft. Es stellt sich aber heute die Frage, wie wir dieses mönchische Leben – dieses Leben der communio – in der gegenwärtigen Gesellschaft, die als pluralistische Gesellschaft gilt, konkret leben können. Noch dringlicher: wie soll man dieses Leben der communio verwirklichen in einer Welt, die seit dem 11. September 2002 zunehmend durch den »Zusammenprall der Kulturen« (clash of civilisations – Samuel Huntingdon) gekennzeichnet ist?

            Ehe ich eine Antwort versuche, möchte ich diese und andere, damit zusammenhängende Fragen unter möglichst vielen Gesichtspunkten beleuchten. Der Pluralismus, die Vielfältigkeit unserer heutigen Welt, ist per se unübersichtlich. Deshalb sind zuerst einige wichtige Aspekte dieser Vielfältigkeit hervorzuheben, ehe im zweiten Teil ihr Gegenteil, die Einheit, in den Blick genommen wird. Der dritte Teil fragt, welche Konsequenzen sich für das religiöse Leben der Ordensleute und ihrer Gemeinschaften daraus ergeben.

Teil I: Aspekte des Pluralismus

            Gott hat uns alle verschieden gemacht. Jedes geschaffene Wesen ist von den anderen verschieden. Jeder Mensch hat seine eigene Persönlichkeit, unveräußerlich. Unsere Welt ist daher von Natur aus vielfältig oder pluralistisch, und gerade in dieser Vielfältigkeit liegt großenteils ihre Schönheit, ihr Reichtum. Ein jedes Geschöpf, jeder und jede von uns ist - unter einem bestimmten Aspekt - eine Offenbarung des außerordentlichen Reichtums der göttlichen Schönheit.

1. Die Vielfalt der Formen – Vorbedingung der Kultur und der Religion

            Im Schoß der Menschheit gibt es eine große Vielzahl von Kulturen. Eine jede stellt eine besonderes Art und Weise dar, das menschliche Dasein zu verstehen und Beziehungen zu anderen Menschen  und zum Höchsten Wesen aufzunehmen. Und zwar so, wie Papst Johannes Paul II. zu Beginn seines Pontifikats in einer Ansprache über die menschliche Kultur vor der UNESCO darlegte, dass gerade die Vielfältigkeit der Kulturen zum Begriff der Kultur selbst gehört. Im Schoß einer jeden Kultur hat dann jeder Mensch seine eigene Art und Weise, sich durch diese Kultur formen und prägen zu lassen und wiederum durch seine eigene Erfahrung zu ihrer Gestaltung beizutragen. Das ist eine weitere Dimension des Pluralismus.

            Eine jede Kultur hat auch in irgendeiner Weise eine religiöse Dimension. So bringt die Vielgestaltigkeit der Kulturen die Vielfalt der Formen religiöser Erfahrung hervor -  und damit die vielfältigen, unterschiedlichen Religionen. Am Ursprung einer Religion steht eine besondere Form der religiösen Erfahrung oder des Glaubens, die in einer Gesamtheit von Riten, Überlieferungen und Moralvorschriften ihren Ausdruck gefunden hat. Um weitergegeben werden zu können, müssen diese immer wieder neu gesagt und gedeutet und bestimmt werden. Von daher ist für eine jede Religion, die noch nicht versteinert ist, die Pluralität von Theologien und Philosophien notwendig.

            Im Schoß einer jeden menschlichen Gesellschaft, selbst außerhalb der religiösen Sphäre, gibt es verschiedene Weisen, das gesellschaftliche Leben und die zwischenmenschlichen Beziehungen aufzufassen und zu gestalten. Von daher stammen die unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen  und sozialen Zielvorstellungen, Programme und Projekte. Und schließlich herrscht auch innerhalb der christlichen Tradition eine große Vielfalt an Möglichkeiten, das christliche Engagement zu leben, sei es im Ehe- und Familienleben, sei es im Zölibat, sei es im sozialen Einsatz, sei es in einem Leben der Entsagung, ob in einem aktiven Ordensleben oder im kontemplativen Leben.

            Diese Liste von Aspekten der Vielfältigkeit oder des Pluralismus ließe sich noch beliebig verlängern. Für den Augenblick möge es genügen festzustellen, dass wir als Ordensleute, als Mönche und Nonnen, unsere Einstellung und unseren »Ort« gegenüber all diesen Formen der Vielfältigkeit und im Respekt gegenüber diesem Pluralismus der Formen bestimmen müssen.

2. Der Wertewandel in der Gesellschaft

            Doch wenn man von der »pluralistischen Welt« unserer Tage spricht, spielt man – so glaube ich - vor allem auf die Tatsache an, dass in unserer westlichen Gesellschaft heute das Christentum nicht mehr diese zentrale (oder aufdringliche) Rolle spielt wie noch vor ein oder zwei Generationen, und dass die Christen mit Menschen zusammenleben müssen, die sich zu anderen Religionen bekennen oder die offen sagen, dass sie keine Religion haben, ja die vielleicht sogar Auffassungen von der Gesellschaftsordnung vertreten und zu verwirklichen trachten, die sich nicht immer mit der christlichen Sicht vertragen.

            Ich wage zu behaupten, dass dies eine ganz normale Lage ist, die ziemlich lange die Situation der Kirche in den ersten Jahrhunderten war. Zwischen der pluralistischen Welt, in der sich die Kirche durch mehrere Jahrhunderte hindurch entfaltete, und der pluralistischen Welt von heute, erlebte sie im Westen eine lange Blütezeit, die mehr oder weniger dem entsprach, was wir heute das »Mittelalter« nennen, wobei das Aufblühen noch in der ausgehenden Antike begann und das Verblühen in die beginnende Neuzeit hineinreichte. Wie früher schon ausgeführt, [2] war diese lange Epoche des Mittelalters vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die christlichen Werte für die gesamte westliche Welt als Bezugspunkte dienten, oder anders ausgedrückt, dass die christliche Kultur die unbestrittene Leitkultur darstellte. Wahrscheinlich waren die Männer und Frauen damals nicht gläubiger und nicht besser als heute, die Sitten waren vermutlich nicht moralischer und die Gewaltbereitschaft nicht geringer als heutzutage. Aber gleichgültig, ob die Menschen bewusst nach dem Evangelium lebten oder nicht, die Werte des Evangeliums dienten als Bezugspunkt und Maßstab. Alle äußeren Aspekte des christlichen Lebens besaßen einen Symbolwert, der auch von allen als solcher wahrgenommen wurde. Ich verwies beispielsweise auf den Symbolwert der Klausur oder des Ordenskleides. Heute besitzen sie diesen Symbolwert im allgemeinen für die Leute nicht mehr. Sie werden noch als Zeichen wahrgenommen, als Identifikation mit einer bestimmten Gruppe, aber kaum mehr als Ausdruck und Symbol einer religiösen Haltung.

3. Die Sendung der Kirche

            Wäre die Gesellschaft nicht pluralistisch, so hätte die Kirche in einem gewissen Sinn keine Existenzberechtigung mehr. Sie existiert ja nicht für sich selbst, sondern sie ist für die Welt, für die Menschen da, zu denen sie gesandt ist. Zum Jünger oder zur Jüngerin Jesu berufen und Teil seiner Kirche zu sein ist nicht ein Privileg für jene, die »als einzige gerettet werden«, im Gegenteil: es ist eine Sendung, ein Auftrag – die Sendung, das Sakrament des Heils zu sein für die Welt. Die Kirche, wir alle sind berufen, unter dem Zeichen der communio die sichtbare Manifestation des Heils zu sein, das Gott allen Männern und Frauen guten Willens anbietet.

            Während der ersten Jahrhunderte war die Kirche ihrem Wesen nach missionarisch, ganz und gar ausgerichtet auf ihre Sendung, die sichtbare und fühlbare Gegenwart der Frohbotschaft und der im Evangelium angebotenen Gnade zu sein, mitten in einer sowohl auf religiöser wie auf gesellschaftlicher Ebene sehr pluralistischen Welt. Selbst im Inneren der Kirche herrschte bis zur Epoche der ersten Konzilien nach der Konstantinischen Wende ein sehr großer Pluralismus. Man kann in dieser Epoche große spirituelle Bewegungen wahrnehmen, die sich parallel innerhalb und außerhalb der Kirche entfalteten, wobei einerseits die nichtchristlichen Strömungen vom Christentum beeinflusst wurden und andererseits das Christentum sich von nichtchristlichen Strömungen beeinflussen ließ. Das ist im übrigen genau der Punkt, an dem das christliche Mönchtum geboren wurde: Es ist das Ergebnis der Begegnung zwischen einer sehr alten asketischen Bewegung, die im ganzen Mittleren Osten zur Zeit Jesu sehr lebendig war, und der Botschaft des Evangeliums. Nach einer Reifungszeit von einigen Jahrhunderten erschien schließlich eine sehr genau umschriebene Form christlichen Lebens, die man das Mönchtum nannte. Es war also die Frucht einer bewundernswerten Inkulturation.

            Nach dem Konstantinischen Frieden, vor allem aber nach der Taufe Chlodwigs und den Massenbekehrungen ganzer Völker hat sich im Westen die Herrschaft des Christentums etabliert, von der ich zu Beginn sprach. Gewiss, sie besaß ihre Größe und Schönheit, aber die Kirche hat weitgehend ihre missionarische Dimension verloren, weil ihre Sendung und ihre Dienste praktisch nur noch innerkirchlich ausgeübt wurden. Schon seit einigen Jahrhunderten ist diese Herrschaft des Christentums gebrochen, aber die Kirche hat sich noch bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil so verhalten, als ob sie weiterhin andauerte, obwohl sie schon ganze Teile der Bevölkerung (etwa die Arbeiterschaft) verloren hatte. Seit dem Zweiten Vatikanum lernt sie – oft sehr mühsam -, in der Situation der Diaspora in der Welt zu leben, was wohl das normalste ist.

4. Unsere heutige Situation: eine Wachstumskrise

            Die Art von Krise, welche die Kirche in unserer westlichen Gesellschaft heute durchmacht, und folglich auch die Krise des Ordenslebens und unseres monastischen Lebens in diesen letzten Jahren, kommt also größtenteils daher, dass wir uns an eine neue Lage, an neue Lebensbedingungen gewöhnen müssen. Die Krise der Berufungen, in welcher die meisten unserer Kommunitäten stecken, ist nicht so sehr ihre eigene Krise, als vielmehr eine Krise der Kirche. Aber auch diese wiederum ist nicht nur der Kirche eigen, sondern beruht auf einer Krise unserer Gesellschaft. Und ich sehe sie gerne im wesentlichen als eine Wachstumskrise an.

            Unsere gesamte monastische Ausbildung hat uns darauf vorbereitet, für die Kirche zu leben, Zeugen der Kirche und der christlichen Werte zu sein. Wir müssen jetzt Tag für Tag lernen, nicht mehr für die Kirche zu leben, sondern in der Kirche für die Welt zu leben, die communio zu leben -  diese göttliche Wirklichkeit schlechthin - , und zwar mit und in allen Dimensionen einer reichlich pluralistischen Welt. 

            Wir können erst dann wirklich mit anderen in Beziehung treten, wenn wir wahrhaft wir selbst sind, wenn wir anders sind, wenn wir eine echte eigene Identität haben. Das Ziel des Mönchslebens ist diese Identität, diese völlige Integration. Übrigens ist die erste Bedeutung des Wortes monachos nicht »der allein lebende«, sondern »der ein einziges Ziel, eine einzige Ausrichtung, eine einzige Liebe habende«. Je mehr ein Mensch »eins« und »geeint« ist, desto mehr kann er in Beziehung treten zu Gott, desto mehr kann er auch in Beziehung zu allen anderen Menschen treten, wie auch immer ihre Vorstellungen, ihre religiösen Überzeugungen, ihre philosophischen Neigungen und ihre gesellschaftlichen Bestrebungen sein mögen.

Teil II: Aspekte der Einheit

            Der Begriff der Vielfältigkeit oder des Pluralismus impliziert schon eine Idee von Einheit. Pluralismus bedeutet, dass die gleiche Wirklichkeit in unterschiedlicher Art und Weise gelebt und ausgedrückt werden kann. Der theologische Pluralismus besteht in der Tatsache, dass man verschiedene gedankliche Systeme benutzen kann, um die gleichen Gegebenheiten des Glaubens auszudrücken und zu interpretieren. Der politische Pluralismus ergibt sich daraus, dass man das selbe Ziel, nämlich das Gemeinwohl, anstrebt, indem man verschiedene Mittel und Gesellschaftssysteme benutzt.

            Am Ursprung all dieser verschiedenen Ebenen von Vielfältigkeit steht eine wichtige Realität: die menschliche Erfahrung, und zwar letztlich die Gotteserfahrung. Daher können die Mönche und Nonnen auf der Ebene der communio in allen Bereichen des menschlichen Lebens eine sehr wichtige Rolle spielen, weil ihr Leben ganz und gar auf diese Erfahrung ausgerichtet ist. Die Suche nach der Gotteserfahrung ist die Mitte unseres ganzen Lebens: durch die Erfahrung strebe ich eine personale Beziehung an, die das ganze Sein und Wesen engagiert. Das ist die »Einfalt«, simplicitas, jene Einfachheit und Ein-heit des Ziels, die das Mönchsleben kennzeichnet.

1. Der Archetyp Mönch                      

            Gerne schließe ich mich dem Gedanken Raimund Panikkars (und etlicher anderer) an, dass das Mönchsleben ein universaler Archetyp sei. Das heißt nicht nur, dass er in allen großen religiösen Überlieferungen der Menschheit vorkam und bis heute vorkommt, sondern dass es in jedem Menschenwesen eine mönchische Dimension gibt. Diejenigen, die man Mönche oder Nonnen nennt, sind Männer und Frauen, die diese besondere Dimension zur Mitte ihres Lebens gemacht haben und versuchen, ihre ganze Existenz um diese Wirklichkeit herum zu organisieren.

            Die menschliche Erfahrung ist im Wesentlichen für alle Menschen dieselbe, aber ein jeder lebt sie in seinem eigenen kulturellen Kontext. Diese menschliche Erfahrung wird immer, wenn sie absolut echt und wahr gelebt wird, eine religiöse Dimension besitzen und zur Erfahrung Gottes werden. Und die Gotteserfahrung ist, wenn sie echt ist und in dem Maß, als sie echt ist, für jedes Menschenwesen gleich. Praktisch existiert sie aber nie im Abstrakten. Wie jede menschliche Erfahrung wird sie immer innerhalb einer Kultur gelebt, und die religiöse Erfahrung wird immer in einer bestimmten religiösen Kultur er-lebt. Der Mensch hat diesen kulturellen Kontext nötig, um seine Erfahrung in Worte fassen zu können. Von daher wird er umso mehr fähig, leicht mit allen anderen Menschen in Gemeinschaft oder communio zu treten, je mehr er auf der Ebene der Erfahrung lebt, der Erfahrung einer personalen Begegnung mit Gott im Glauben, im kontemplativen Gebet. Denn alles, was uns unterscheiden kann, ist zweitrangig gegenüber dieser grundlegenden und wesentlichen Realität Gottes, der wir in der Kontemplation begegnen.

2. Der interreligiöse Dialog

            Nehmen wir zum Beispiel den interreligiösen Dialog. In den sogenannten »christlichen Jahrhunderten« hat man die Lehre der Väter nulla salus extra ecclesia, »außerhalb der Kirche (gibt es) kein Heil«, leicht auf eine absolute und sehr enge Weise ausgelegt: um gerettet zu werden, müsse man Mitglied der Institution »katholische Kirche« sein. Dann brach sich der Gedanke Bahn, dass die anderen Christen, die in ihrem Irrtum aufrichtig Gott suchten, doch trotz ihres anderen Bekenntnisses gerettet werden könnten, insoweit sie wirklich aufrichtig waren und ein gutes Leben führten. Das Zweite Vatikanum hat einen Riesenschritt gemacht, als es die anderen religiösen Überlieferungen der Menschheit als Heilswege für diejenigen anerkannte, die in ihnen geboren und aufgewachsen waren und auf diesen Wegen aufrichtig Gott suchten. Nach dem Konzil wurde ein Päpstlicher Rat für den Dialog zwischen dem Christentum und den nichtchristlichen Religionen geschaffen. Zehn Jahre später hat dieser Päpstliche Rat die christlichen Mönchsorden dazu aufgefordert, eine Führungsrolle im interreligiösen Dialog zu übernehmen. Warum? Ganz einfach deshalb, weil man sich klar darüber wurde, dass dieser Dialog, der sich auf der Ebene der philosophischen und theologischen Systeme sowie auf der Ebene religiöser Traditionen als sehr schwierig erwiesen hatte, auf der Ebene der Erfahrung dagegen relativ leicht vonstatten ging. Da sich im Christentum ebenso wie in Buddhismus und im Hinduismus die Mönche und Nonnen bemühen, auf der Ebene der spirituellen Erfahrung zu leben, ist es für sie sehr leicht, sich auf dieser Ebene zu begegnen und sich sogar zu verstehen – jenseits der Worte, der Theorien und der Systeme.

3. Der theologische Pluralismus

            Wechseln wir nun auf die Ebene des theologischen Pluralismus. Es hat in der Kirche zu allen Zeiten theologische »Schulen« gegeben, die in unterschiedlichen Akzentuierungen und Empfindlichkeiten ihre Entsprechung haben. Im Mittelalter waren das zum Beispiel die beiden großen Überlieferungen des Augustinismus und des Thomismus. Für Menschen, die aus der theologischen Wissenschaft die Mitte ihres Lebens gemacht haben, gewinnen solche Unterschiede in der Sichtweise eine ungeheure Bedeutung. Die Wächter der rechten Lehre sehen leicht in jedem Bemühen, das überlieferte Glaubensgut neu zu begreifen und zu beschreiben, eine Gefahr für die Rechtgläubigkeit. Der Mensch aber, der auf der Ebene der spirituellen Erfahrung lebt, wird leicht sensibel dafür, dass Gott – und alle spirituellen Wirklichkeiten – unendlich anders und viel größer sind als alles, was man von ihnen sagen oder auch nur spüren könnte. Also sind für einen solchen Mann oder eine solche Frau sämtliche Theologien und Philosophien nur nützliches Gestotter: sie ergänzen einander. Jede stellt eine menschliche Bemühung dar, unter einem bestimmten Blickwinkel oder auf eine bestimmte Facette hin den in zahllosen Facetten geschliffenen und sprühenden Diamanten zu betrachten, der die göttliche Wirklichkeit ist. Es bereitet solchen Menschen sogar keinerlei Problem, Schattierungen ein- und derselben Wahrheit in Aussagen zu entdecken, die objektiv einander vielleicht widersprechen mögen: Es sind für sie nur verschiedene Weisen, das Unsagbare auszusagen.

            Unsere Klöster sind leicht Orte – und müssen es bleiben -, wo ein jeder Mensch guten Willens sich in seiner menschlichen Würde akzeptiert und aufgenommen fühlen kann, ob er nun praktizierender Christ ist oder nicht, ob er religiös ist oder sich als Atheisten bezeichnet, usw. Diesen wohlwollenden Empfang, diese Aufnahme und Gemeinschaft, communio, können wir in dem Maß praktizieren, als wir wirklich und wahrhaftig auf der Ebene des Wesentlichen und nicht des Zufälligen leben.

4. Christentum und Islam

            In jener Blütezeit des mittelalterlichen Christentums, als Kirche und Reich praktisch völlig in eins verschmolzen waren, herrschte das Verlangen, die heiligen Stätten zurückzuerobern. Die Geschichte der Kreuzzüge war begleitet von einer geradezu endemischen Angst vor der Gefahr, die der Islam für den Westen bedeutete. Im Verlauf der letzten Jahrhunderte hat indes eine wichtige Entwicklung stattgefunden, indem sich ein gewisser Dialog zwischen Islam und Christentum etablierte. Wenn unsere Brüder von Atlas in diesem Dialog so weit gegangen sind, dann deshalb, weil sie ihren Brüdern und Schwestern im Islam nicht auf der Ebene der großen theologischen Diskussionen begegneten, sondern auf der Ebene des alltäglichen Lebens und der spirituellen Erfahrung, dort, wo wir uns alle als Kinder ein und desselben Vaters wiederfinden. In diesen letzten Jahren haben sich die Theoretiker und die Politiker angestrengt, die Idee zu verbreiten, dass es einen »Zusammenprall der Kulturen« und einen Konflikt zwischen den Religionen gebe. Ihre Theorien haben den Terrorismus hervorgebracht und die Bürgerkriege, wie jenen, den wir zur Zeit im Irak erleben. Als Mönche und Nonnen jedoch müssen wir alles tun, was in unserer Macht steht, um für die Gemeinschaft und den Austausch, die communio zwischen den Menschen, zwischen den Kulturen und den Religionen zu wirken. Das ist heute eine wesentliche, unabdingbare Dimension unserer Berufung zur communio.

Teil III: Aus der Vielfältigkeit in die Einheit

            »Wenn unsere Berufung so schön ist, wie kommt es dann, dass wir nur so wenige Berufungen haben«, möchte mancher wohl fragen. Man kann sich nicht verhehlen, dass viele unserer Kommunitäten, wenn nicht die meisten, heutzutage ein ernstes Nachwuchsproblem haben.

1. Kirche und Orden: eine prekäre Lage

            In unserem Orden spricht man seit einiger Zeit viel von der »Prekarität«, von Kommunitäten in »prekärer Lage« - was  heißen soll: gefährdet, instabil, in Unsicherheit lebend. Ich verhehle nicht, dass mich diese Ausdrucksweise verärgert ... , vor allem dann, wenn man darangeht, die Kriterien aufzuzählen, die es uns erlauben zu bestimmen, dass diese und jene Kommunität in diese Kategorie fällt ... Diese Kriterien, wie zum Beispiel die Mitgliederzahl, sind völlig subjektiv. Warum sollte eine Kommunität von 10 oder 5 an sich schon gefährdeter sein als eine Gemeinschaft von 50 Mitgliedern? Außerdem darf man, abgesehen von all diesen Überlegungen, nicht vergessen, dass die Ungesichertheit eine wesentliche Dimension des menschlichen Daseins schlechthin ist und dass Gott selbst sie hat verkosten wollen, indem er Mensch wurde. Er ist übrigens im Alter von ungefähr 33 Jahren gestorben, nachdem er unter sehr unsicheren Bedingungen gelebt hatte.

            Doch akzeptieren wir dem Begriff »prekär« und erkennen wir an, dass die Mehrzahl unserer Kommunitäten gefährdet sind, wenn man damit sagen will, dass sie instabil und zerbrechlich sind, und dass etliche sehr wohl in einigen Jahren nicht mehr bestehen könnten. Was das betrifft, so scheint es mir wichtig zu bemerken, dass in allen Teilen der Christenheit, wo sich die Ordensgemeinschaften und monastischen Klöster in einer prekären Lage befinden, sich auch die Kirche dort insgesamt in einer prekären Situation befindet. Und im allgemeinen ist das auch dort, wo sich die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit in Unsicherheit und Gefährdung befindet, sei es auf der Ebene der Familie, sei es auf der Ebene der Beschäftigung, der Politik oder sogar der Schulbildung.

            Was ist daraus zu schließen? Vor allem, dass wir uns nicht durch unsere eigenen Probleme die Augen verschließen lassen dürfen und meinen, dass wir aus uns selbst die Antworten auf unsere Prekarität finden können. Vielmehr müssen wir gerade als Mönche und Nonnen unseren Beitrag leisten zur Lösung eines Problems der Kirche und der Gesellschaft.

            Und die erste Etappe bei dieser Suche nach einer Lösung besteht darin, dass wir versuchen zu verstehen, was heute geschieht und wie es dazu gekommen ist. Die Probleme, denen wir heute gegenüberstehen, hatten ihren Ursprung vor mehreren Jahrhunderten: es gab Wendepunkte der Geschichte, die die Kirche und das Mönchtum mehr oder weniger verschlafen haben, und wir bekommen heute die Folgen zu spüren. In einer früheren Folge habe ich die großen geistesgeschichtlichen Umbrüche der Neuzeit – Renaissance und Reformation, Aufklärung und Französische Revolution, Industrialisierung und Restauration, Moderne und Postmoderne – in ihrer Auswirkung auf das Mönchtum zu charakterisieren versucht. [3] Wie werden wir als Mönche und Nonnen von heute reagieren auf die Herausforderungen der Zeit? Heute, da sich in Europa eine neue Kultur und Zivilisation herausgebildet hat, die – ziemlich unscharf – als »Postmoderne« bezeichnet wird, [4] können wir zwei Haltungen einnehmen: Wir können versuchen, die »Christenheit« neu zu schaffen oder wiederzubeleben. Diese rechtliche Haltung könnte neue Berufungen anziehen. Oder aber wir können glauben, dass wir am Ende einer traurigen Periode der Moderne stehen und am Beginn einer neuen, schöpferischen Epoche ... Auf jeden Fall kann ein glaubwürdiger und wahrhaft hilfreicher Beitrag der Mönche und Nonnen zur Lösung der gegenwärtigen krisenhaften Lage der Kirche nur aus der Wesensmitte des Mönch-seins selbst hervorgehen: aus seiner Gottbezogenheit.

2. Die Kluft zwischen monastischer und scholastischer Theologie

            Eine für das Mönchtum selbst wichtige Wende ereignete sich im 12. Jahrhundert. Es handelt sich um die sogenannte »monastische Theologie«. An sich hatte sie bis ins 12. Jahrhundert nichts spezifisch Monastisches an sich, sondern war die Art und Weise, wie man im ganzen Volk Gottes »Theologie« trieb, wobei sowohl innerhalb als auch außerhalb der Klöster eine große Vielfalt herrschte. Diese weisheitliche und kontemplative Art, Theologie zu treiben, hatte es verstanden, die Beiträge der verschiedenen Geistesströmungen und Interpretationsmethoden zu verarbeiten und umzuformen, zu inkulturieren, wie man heute sagen würde. Man kann sich legitimer Weise fragen, wie sich die Theologie wohl in den folgenden Jahrhunderten entwickelt haben würde, wenn die Mönche die neu entstehende theologische Methode nicht verschmäht, sondern es verstanden hätten, sie aufzugreifen und sich anzueignen, wie so viele vorher. So aber kam es, ob zum Guten oder zum Schlechten, dass sich in den Klöstern eine Weise des Theologisierens erhielt, die man »monastisch« nennt, während sich an den Kathedralschulen und den entstehenden Universitäten die »scholastische« Theologie entwickelte. Bei einem Thomas von Aquin wird die neue Methode noch in einer zutiefst kontemplativen Perspektive genutzt; bei den Kommentatoren aber – und den Kommentatoren der Kommentatoren – trocknete sie immer mehr aus.

            Wie dem auch sei, in dieser Epoche tauchte eine neue Auffassung von der lectio divina auf: sie wurde nun als eine Methode verstanden. Die Frühscholastik hatte ihre Methode entwickelt, die von der lectio, der Lesung, zur quaestio, zur Fragestellung, und von dort zur disputatio, der wissenschaftlichen Auseinandersetzung fortschritt. Im Gegenzug entfalteten die Mönche ihre eigene Methode: von der lectio, der Lesung, die zur meditatio, dem wiederkäuen Nachsinnen, und dann zur oratio,dem Gebet, führte ... und ein wenig später fügte man dann noch die contemplatio hinzu, die Beschauung, die von der oratio unterschieden wurde. [5]

            Während die Wüstenväter ihre Art und Weise der Schriftlesung und -auslegung noch mit dem ganzen Volk Gottes gemeinsam hatten, verblieb nunmehr der neue Zugang zur Heiligen Schrift, die neue »Methode« - denn jetzt handelte es sich um eine besondere »Übung«, eine für das Mönchsleben wichtige Observanz – innerhalb der Klöster. Man kann sich fragen, wie sich die Theologie wohl weiter entwickelt hätte, wenn die Mönche sich nicht in ihrem Schmollwinkel zurückgezogen hätten. Ebenso war es mit dem Studium der Heiligen Schrift. Bis dahin hatten die Mönche im Studium und in der Auslegung der Schrift eine tragende Rolle gespielt, obwohl ihr Zugang sich im wesentlichen nicht von dem der übrigen Kirche unterschied. Doch von dem Augenblick an, als der Einfluss der neuen Methode spürbar wurde, entwickelten sie vielleicht unbewusst ihre eigene Methode der Schriftlesung, parallel zur Scholastik. Seither existieren in der Kirche zweierlei Weisen, an die Heilige Schrift heranzugehen: eine, die eine »Lesung des Herzens« sein will (und die in bestimmten Epochen oft vergaß, den Verstand nachkommen zu lassen), und eine zweite mit wissenschaftlicher Ausrichtung, die immer mehr erstarrte.

            Im Lauf der letzten Jahrhunderte hatten die Mönche oft ihre eigene Weise, die Heilige Schrift und die Väter zu lesen oder Theologie zu treiben, vergessen; sie übernahmen die Allerweltsmethode. Zu unserer Zeit war es daher notwendig, dass sie zu einer anderen Art des theologischen Studiums zurückkehrten, als die scholastischen Handbücher boten. Sie mussten zurückfinden zu einer Weise, die Schrift und die Väter zu lesen, die sich von der modernen wissenschaftlichen Exegese unterschied.

3. Leben unter dem Wort Gottes

            Es war wichtig, betone ich, dass das Mönchtum jene Art der Schriftlesung und jene Weise, Theologie zu treiben, wiederentdeckte. Aber man muss noch weiter gehen: man muss erkennen, dass diese Schriftlesung und diese Theologie nichts spezifisch Monastisches an sich haben. Das ganze Volk Gottes muss sie wiederentdecken, denn ursprünglich war das die Art und Weise, wie die ganze Kirche die Heilige Schrift las, Theologie trieb und aus Gottes Wort lebte.

            Und noch ein weiterer Schritt ist fällig: Wir müssen die Aufsplitterung im Leben des Mönchs und der anderen Christen überwinden. Wir müssen die ursprüngliche Einheit wiederentdecken, die uns im Lauf der Entwicklung verloren gegangen ist. Diese innere Einheit des Christenlebens gewinnen wir nur zurück, indem wir uns konsequent unter das Wort Gottes stellen. Nur in seiner Wahrheit werden wir gefeit gegen die Beliebigkeit der Postmoderne, in der »alles geht«.

            Wenn es auch zutrifft, dass wir uns beglückwünschen dürfen, welchen Platz die lectio divina im Leben der Mönche und selbst im Leben vieler Christen außerhalb der Klöster in den letzten vier Jahrzehnten gewonnen hat, so ist es doch nicht weniger wahr, dass die gegenwärtige Einstellung zur Schriftlesung nicht ungefährlich ist. Die Gefahr besteht nämlich, dass man sehr oft (wenn auch manchmal auf kaum merkliche Weise) die lectio divina in eine Übung umgestaltet hat – eine Übung unter anderen, selbst wenn man sie als die wichtigste von allen betrachtet. Der treue Mönch hält eine halbe Stunde oder eine Stunde lectio pro Tag, oder sogar noch länger, und dann geht er zu seiner geistlichen Lesung über, zu seinen Studien und zu seinen anderen Tätigkeiten. Während dieser halben Stunde nimmt er innerlich eine Haltung der Offenheit und Absichtslosigkeit des Hörens auf Gott ein, und dann widmet er sich oft während der übrigen Zeit des Tages den anderen Tätigkeiten mit einer Besessenheit, einem Konkurrenzdenken und einer Ausgegossenheit, die in krassem Gegensatz stehen zum Leben des immerwährenden Gebets und der beständigen Suche nach der Gegenwart Gottes, das er gewählt hatte.

            All dies ist nicht nur dem Geist der Wüstenmönche gänzlich fremd, sondern diese Haltung widerspricht auch dem Wesen der lectio divina. Ihr Wesen liegt, jedenfalls nach der Beschreibung ihrer besten Theoretiker, in der inneren Haltung. Und diese Haltung ist nicht wie ein Kleid, das man für eine halbe Stunde oder für eine Stunde am Tag anlegen und dann wieder ablegen kann. Man hat sie auf Dauer, oder man hat sie nicht. Entweder sie durchtränkt unseren ganzen Tag, oder die Übung, die wir lectio nennen, ist eine leere Spielerei.

Die innere Haltung der lectio divina

            Sich von Gott infrage stellen lassen, sich anrufen und formen lassen durch alle Elemente des Tagesablaufs, durch die Arbeit wie durch durch die Begegnungen mit den Brüdern und Schwestern, durch die harte Askese einer ernsthaften intellektuellen Arbeit wie durch die Feier der Liturgie und durch die normalen Spannungen des Gemeinschaftslebens – all das fordert uns sehr stark. Wenn wir diese Haltung völliger Offenheit in eine hervorgehobene Übung verbannen, die von selbst den Rest unseres Tages durchtränken soll, ist das eine allzu simple Art und Weise, sich dieser Herausforderung zu entledigen.

            Für die Väter der Wüste bildeten das Lesen, Meditieren, Beten, Analysieren, Auslegen, Studieren und Übersetzen der Schrift ein unauflösliches Ganzes. Für einen Hieronymus wäre es undenkbar gewesen anzunehmen, dass seine detaillierte Untersuchung des hebräischen Bibeltextes, durch die er alle Bedeutungsnuancen erspüren wollte, als Tätigkeit nicht die Bezeichnung lectio divina verdient haben sollte.

            Es ist gewiss eine wunderbare Sache, dass man wieder entdeckt hat, wie wichtig es ist, das Wort Gottes mit dem Herzen zu lesen: es zu lesen, um sich umwandeln zu lassen. Aber ich glaube, es ist falsch, daraus eine Übung zu machen, anstatt die unzähligen Facetten des Zugangs zur Bibel mit dieser Haltung der Offenheit, des absichtslosen Hörens zu durchtränken. Im übrigen: zu glauben, dass der Text der Heiligen Schrift mich nur dann in meinem tiefen inneren Leben treffen, anrufen, konfrontieren und umwandeln kann, wenn ich mich dem Text nackt stelle, ohne mich all der Werkzeuge und Hilfsmittel zu bedienen, die es mir erlauben, ihm in seiner ursprünglichen Bedeutung zu begegnen, birgt das große Risiko, zu einer fundamentalistischen Haltung zu führen, die heutzutage nicht selten ist, oder zu einer falschen Mystik, die ebenfalls ziemlich häufig vorkommt.                 

 * * *

Welche Schlussfolgerungen können wir aus all dem ziehen?

            Zunächst einfach diese: Um die Aufsplitterung unseres Lebens zu überwinden und die urspüngliche Einheit wiederzugewinnen, ist es heute mehr denn je nötig, dass wir alle Aspekte unseres Lebens der communio, der Gemeinschaft,  wirklich leben:

= Gemeinschaft mit Gott im beständigen und inständigen kontemplativen Gebet;

= Gemeinschaft in unseren Gemeinschaften, die wahre Hauskirchen sein sollten;

= Gemeinschaft mit der universalen Kirche im gemeinsamen Bemühen, die gegenwärtige Situation im Glauben zu lesen und zu deuten, samt ihren Herausforderungen und als Antwort auf diese;

= Gemeinschaft mit den Gläubigen aller christlichen Konfessionen und aller Religionen, die unter verschiedenen Situationen vor denselben Herausforderungen stehen;

= Gemeinschaft mit allen unseren Brüdern und Schwestern in der Menschheitsgeschichte.

Wenn sie alle ihren Platz bei uns finden und sich in unserem menschlichen und spirituellen Suchen wiedererkennen können, dann haben wir eine wesentliche Aufgabe erfüllt, gleichgültig, wie »prekär« unsere Lage sein mag ...



[1] Armand Veilleux, »Mönchtum und Kultur, Teil V: Mönchtum und Säkularisierung«, in: Cistercienser Chronik 111 (2004) S. 228.

[2] a.a.O.:  S. 221.

[3] a.a.O.: S. 217-221.

[4] Der Begriff bezeichnete ursprünglich eine Richtung der Architektur, die Mitte der 70er Jahre des 20. Jh. begann. Sie versetzte moderne Bauformen mit beliebigen Zitaten aus früheren Epochen und Stilrichtungen.

[5] Vgl. Guigo d. Kartäuser, Scala claustralium. Deutsch z.B. in Enzo Bianchi, DICH finden in deinem Wort, Freiburg 1988. Neu aufgelegt von M. Schneider u.d.T. Lectio divina. Edition Cardo CXVI, Köln 2004, S. 88-101.